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Icinga – so wählst du Plattform und Betriebssystem

von | Mrz 16, 2023 | Monitoring & Observability, NETWAYS, Icinga

This entry is part 1 of 5 in the series Icinga. Einfach. Erklärt.

Aus zahlreichen Kundenprojekten, die ich im Laufe meiner Zeit bei NETWAYS durchgeführt habe, haben sich für mich einige Best Practices bei der Einrichtung und Konfiguration von Icinga ergeben. Um diese state-of-the-art Icinga-Installation zu beschreiben, dachte ich mir, ich gehe hier im Blog so vor wie ich es im Consulting auch würde. Das heißt, als Erstes gehe ich auf die richtige Plattform ein also primär das Betriebssystem, aber auch ob Hardware, virtuelle Maschine oder gar Container.
Um den Rahmen nicht zu sprengen wird es einen zweiten Teil geben, in dem ich ich dann die Frage „Pet or Cattle“ beantworte, darauf eingehe, welche Icinga-Komponenten für mich einfach dazu gehören und nebenbei beantworte ich hoffentlich noch die Frage nach der Icinga-Repository-Subscription.

Hardware, virtuelle Maschine oder gar Container?

Starten wir also einmal ganz am Anfang und überlegen uns, welche Vor- und Nachteile wir von einer Hardware-Lösung hätten. Für mich gibt es hier immer noch einen großen Vorteil und zwar, dass man mit Hardware eine Icinga-Monitoring-Lösung aufbauen kann, die unabhängig von der zu überwachenden Umgebung ist. Leider ist dies in der Praxis in den meisten Fällen nicht so gegeben, wie man sich das als Consultant erhofft. Oder es ist mit viel Planung und weiteren Komponenten verbunden. Denn schon allein so etwas wie der Alarmierungsweg per Mail verkompliziert dies ungemein.
Daher überwiegen für mich in den meisten Fällen die Vorteile virtueller Maschinen und die damit verbundenen komfortablen Managementmöglichkeiten. Man muss sich nur bewusst machen, wovon dann das Monitoring abhängt, was davon vielleicht zu kompensieren ist und was einen Ausfall auslöst, der im schlimmsten Fall einen Blindflug bedeutet.
Wenn virtuelle Maschinen aus meiner Sicht die meisten Vorteile bieten, sind Container dann der nächste logische Schritt? Das Icinga-Projekt bietet auf jeden Fall eigene Container an, hat den Icinga-Prozess container-freundlich gebaut und einige Kunden laufen sehr erfolgreich mit diesem Konzept. Aber wenn ich mir die Plugin-Fähigkeit von Icinga und Modularität von Icinga Web so anschaue, so stehen diese Eigenschaften, die ich als Vorteile ansehe, dem Container-Ansatz doch etwas im Weg. Vor allem wenn dann ein Plugin durch ein Icinga-Web-Modul zur Verfügung gestellt wird, welches ohne Agent im Container nicht aufrufbar ist.

Wahl des Betriebssystems

Bei der Wahl des Betriebssystems bin ich ein großer Fan davon, auf bereits bestehendes Know-how zu setzen. Daher rate ich meinen Kunden Icinga auf der gewohnten Linux-Plattform zu installieren. Da aber jede Distribution ihre Eigenheiten sowie Vor- und Nachteile hat, müssen wir das Thema Betriebssystem etwas detaillierter betrachten. Und da sie direkt mit der Wahl der Distribution zusammenhängen, gibt es einen kleinen Exkurs in Richtung Monitoring-Plugins.

Debian-Familie

Hier ist es relativ einfach, denn für Debian und Ubuntu stellt das Icinga-Projekt Pakete frei zur Verfügung. Diese gibt es für jede bekannte Version, auch für einen ARM-Build in Raspberry Pi OS ist gesorgt.
Einzige kleine Einschränkung: Support gibt es im Falle von Ubuntu nur für LTS-Releases.
Damit Icinga nicht nur schön aussieht, sondern auch die gewünschte Überwachung liefert, werden Plugins benötigt. Monitoring-Plugins ist in der Debian-Familie die Quelle für die gleichnamigen Pakete. Hier bekommen wir eine paketierte und gut supportete Standard-Plugin-Sammlung, die zudem noch einfach zu installieren und gut gepflegt ist.
Etwas verwirrend ist der Benutzer „nagios„, der im weiteren Verlauf von den Icinga-Paketen weiterverwendet wird, die Nagios-/Icinga-1-Konfiguration, die durch die Plugins abgelegt wird, und die grobe Aufteilung auf Pakete.
Dass hier statt mit setuid mit Filesystem-Capability gearbeitet wird, finde ich persönlich sehr gut. Heißt, wir haben bei den Check Plugins Vor- und Nachteile, die aber vor allem dann eine Rolle spielen, wenn wir verschiedene Distributionen im Einsatz haben.
Einzig meine persönlichen teils negativen Erfahrungen mit Ubuntu lassen mich eher ein Debian empfehlen, Stichwort „Sonderwege“.

Red-Hat-Familie

Bei der Red-Hat-Familie wird es aus meiner Sicht komplizierter. Fangen wir mit Red Hat Enterprise Linux (RHEL) an. Hier gibt es die Pakete vom Icinga-Projekt auf Basis einer Repository-Subscription. Nachdem hier explizit auf RHEL gebaut wird, Partnerverträge bestehen etc. finde ich das ein berechtigtes Vorgehen!
Nächste in der Familie wären eigentlich CentOS Linux bzw. CentOS Stream. Ich sage hier eigentlich, denn CentOS Stream wird zukünftig nicht mehr aktiv unterstützt. Was heißt das für aktuelle Nutzer von CentOS? Es wird (Stand heute) keine Pakete für CentOS Stream 8 und 9 geben. Da es sich bei diesen Distributionen um den Upstream zu RHEL handelt, könnten theoretisch die RHEL-Pakete genutzt werden.
Leider werden auch die RHEL-Derivate Rocky Linux, AlmaLinux und Oracle Linux nicht aktiv als Icinga-Systeme unterstützt. Hier findet sich auf der Icinga-Homepage jedoch der Hinweis, dass die RHEL-Pakete bei Systemen, die zu 100-Prozent binär-kompatibel sind, genutzt werden können. Das ist zumindest bei Rocky Linux und AlmaLinux der Fall. Ob es sich dabei um eine gute Lösung für den Einzelfall handelt, muss man selbst entscheiden.
Erfreulicher sieht es dahingehend bei Amazon Linux aus. Im Rahmen der Icinga-Subscription bekommt man Zugriff auf die entsprechenden Pakete.
Alternativ kann mit Fedora auf Community-Support gesetzt werden.

Kommen wir zu den Check Plugins für Red-Hat. Hier befinden sich die Nagios-Plugins in einem zusätzlichen Repository, den „Extra Packages for Enterprise Linux“ oder im Fall von Fedora in den normalen Repos des Fedora-Projekts. Es handelt sich also um eine andere Quelle als diejenige, die bei Debian-basierten Systemen zum Einsatz kommt. Wie bei Debian wird aus „historischen Gründen“ die Gruppe „nagios“ verwendet und mit setgid gearbeitet, um Plugins höhere Rechte zu geben.
Man merkt, dass die Situation bei Red-Hat-Derivaten deutlich komplexer ist als bei Debian. Und besonders CentOS-Nutzer müssen sich aktuell nach Alternativen umsehen, was innerhalb der Community zu der einen oder anderen kritischen Stimme geführt hat.

Um der Komplexität etwas entgegenzuwirken, bauen wir bei NETWAYS wieder selbst Pakete. Unsere Buildplattform orientiert sich am Icinga-Projekt, daher bauen wir auf CentOS Linux 7, RHEL 8 und 9. Unsere Buildziele orientieren sich an unseren Kunden. Wir bauen und testen also für CentOS und RHEL, gehen von Funktion auf Rocky Linux und AlmaLinux aus, aber betrachten nicht Fedora, Oracle Linux und Amazon Linux.

SUSE-Familie

Bleibt noch SUSE Linux Enterprise Server (SLES). Diese Pakete sind ebenfalls nur für Subscription-Kunden zugänglich. Eine Alternative für alle SUSE-Fans wäre openSUSE, welches ich persönlich ebenso wie Fedora normalerweise nicht in einem Unternehmensumfeld sehe. Es soll jedoch ab 15 SP 3 zu 100-Prozent binär-kompatibel mit SLES sein, wodurch es vielleicht für den einen oder anderen in Frage kommt. Hier gibt es direkt Monitoring-Plugins über das Packagehub-Repository und da wir als NETWAYS bisher wenig Anfragen in dem Bereich hatten, bauen wir aktuell noch nicht standardmäßig für SLES.

Andere Systeme kommen nicht als Plattform für das zentrale System infrage, aber als Agent wird auch noch Windows supportet und bauen lässt sich die Software selbst auf weiteren Plattformen. Im Fall von FreeBSD und Alpine Linux werden sogar Pakete von der Community bereitgestellt.

Zusammenfassung

Welche Distribution kann ich nun empfehlen?
Debian ist sinnvoll für all diejenigen, denen der Community-Support ausreicht. Wer eh schon auf Enterprise-Support beim Betriebssystem setzt, für den lohnen sich die RHEL-Pakete, auch wenn diese mit einer Icinga-Subscription verbunden sind. Alle anderen Optionen sind auch valide, aber fühlen sich einfach nicht optimal an.
Wer eine heterogene Umgebung zu überwachen hat, findet im Icinga-Umfeld neben der Verfügbarkeit, wie man oben raus lesen konnte, ein paar kleinere Baustellen, die mit Erfahrung aber leicht zu handhaben sind. Für diese kann aber das Icinga-Projekt recht wenig, denn auch wenn man versucht hat, in der Vergangenheit in Zusammenarbeit mit allen Distributionen einen gemeinsamen Kurs zu finden, ist dies leider nicht immer gelungen.

Damit sind wir am Ende des ersten Teils meiner Vorstellung meiner persönlichen state-of-the-art Icinga-Installation. Ich hoffe Dir damit weiterhelfen zu können!
Falls Du bereits jetzt Interesse an Icinga gefunden hast und es auch in Deinem Unternehmen vorschlagen oder sogar einführen willst, führen ich oder ein:e Kolleg:in gerne eine individuelle Betrachtung der vorhanden IT-Umgebung durch. Im Rahmen eines solchen Consultingtermins erstellen wir gerne zunächst ein Proof of Concept. Natürlich können wir auch gleich mit der Implementierung von Icinga beginnen.

Dirk Götz
Dirk Götz
Principal Consultant

Dirk ist Red Hat Spezialist und arbeitet bei NETWAYS im Bereich Consulting für Icinga, Puppet, Ansible, Foreman und andere Systems-Management-Lösungen. Früher war er bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung als Senior Administrator beschäftigt und auch für die Ausbildung der Azubis verantwortlich wie nun bei NETWAYS.

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