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Warum wir uns immer zu viel vornehmen?!

von | Jul 22, 2016 | NETWAYS, Kunden

Ich weiss nicht wie es euch geht, aber ich mache eigentlich täglich die Erfahrung, daß geplante Dinge nicht erledigt werden. Dies gilt sowohl für komplexe Softwareprojekte, aber auch für kleine Änderungen an bestehenden Systemen.
Klar, eine punktgenaue Zeitschätzung für größere Projekte ist nicht ganz einfach. Hat man sich im Laufe seines Arbeitslebens mal mit klassischen Methoden wie COCOMO oder Delphi-Methode beschäftigt, hat man zwar ein paar Werkzeuge die einen bei der Beschätzung und Bewertung unterstützen, trotzdem ist auch ganz viel Erfahrung, Fingerspitzengefühl und permanenter Review des Ist-Standes notwendig um den Fortschritt in einem Projekt zu messen.
An wie vielen Tagen hast Du in der letzten Woche genau das erreicht, was Du dir vorgenommen hast? (Natürlich setzt die Hypothese voraus, das Du überhaupt irgendwas zu tun hast, sonst ist es zugegeben etwas schwierig) Durchschnittlich gelingt es einem normalen Menschen nur alle 20 Tage genau das zu erreichen, was er sich vorgenommen hat. Jetzt sollte man denken das die gemachte Negativerfahrung automatisch zu einer besseren Bewertung von kommenden Aufgaben führt. Genau das ist aber häufig leider nicht der Fall.
Die Ursache, dass wir unser geplantes Tagespensum und somit auch die Gesamtaufgabe nicht in der geplanten Zeit erledigen, ist im Grunde jedoch wesentlich trivialer und spannender. Wir bewerten anstehende Aufgaben in der Regel eher nach unserem Wunschdenken und unter einer zu optimistischen Betrachtung.
Der Begriff des sogenannte  Planungsfehlschlusses (Planning Fallacy) wurde erstmals 1979 von Daniel Kahneman und Amos Tverksky in einer Veröffentlichung geprägt. Er beschreibt das wir unsere eigene Leistungsfähigkeit deutlich optimistischer und unrealistischer bewerten, als es uns nach eigenem Wissen und Erfahrung möglich wäre. Trotz besserem Wissen glauben wir letztendlich wirklich, eine acht Stunden benötigende Aufgaben an einem Tag zu erledigen. Den Fakt und Erfahrungswert, dass uns Meetings, Anrufe, Kollegen und Verwaltungstätigkeiten 20% des Tages ausradieren lassen wir dabei völlig außen vor. Jetzt sollte man denken das die gemachte Negativerfahrung automatisch zu einer besseren Bewertung von kommenden Aufgaben führt. Genau das ist aber häufig leider nicht der Fall. Ich mache es kurz:

Wir bescheissen uns täglich selbst aufs Neue

Aus diesem Muster auszubrechen ist also nicht besonders einfach, aber es gibt einige Tricks die einem das Leben leichter machen:

  • Versucht aus der Vergangenheit (Timesheets oder Zeiterfassung) zu ermitteln wieviel Nettoarbeitszeit ihr täglich zu Verfügung habt. Dies verhindert zwar nicht die gnadenlose Selbstüberschätzung, garantiert jedoch ein realistischeres Bild über das zeitlich erreichbare.
  • Reflektiert ähnliche Projekte, die bereits in der Vergangenheit zeitlich aus dem Ruder gelaufen sind. Dies erlaubt einen realistischeren Blick auf die realen Auswirkungen und Seiteneffekte in der täglichen Arbeit
  • Beschätzt Aufgaben anonym und nicht im persönlichen Gespräch. Wir haben das angeborene Bedürfnis einen guten Eindruck zu machen und das hindert uns oft an einer realistischen Betrachtung der zu erledigenden Aufgabe wenn wir dem Chef gegenüber sitzen
  • Mein persönlicher Favorit ist die Durchführung eines Pre-Mortem. Setzt Euch bei größeren Projekten einige Tage vor Beginn zusammen und stellt Euch vor, in einem Monat oder Jahr von den Scherben Eures Projektes zu sitzen, welches ihr gnadenlos an die Wand gefahren habt. Malt euch dabei aus wie es nur dazu kommen konnte und ihr werdet auf das ein oder andere Problem stoßen, dass ihr bisher nicht berücksichtigt habt.

Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass auch das Wissen um die Planning Fallacy nicht zwingend zur Vermeidung führt. Sie führt jedoch zu Verständnis. Wie oft habt ihr schon über eine Kollegin oder Kollegen geflucht, weil er das Versprochene nicht gehalten hat oder Projekte über Monate nicht an Land gewinnen.
Vorausgesetzt sie oder er ist kein fauler Hund, lohnt es sich durchaus mal hinter die Fassade zu blicken und ein Gefühl dafür zu entwickeln, welche Einflüsse auf andere und deren Tätigkeit so einwirken. Manchmal dauert es eben. Übrigens habe ich gedacht ich schreibe diesen Blog in 30 Minuten. Hat nicht geklappt!

Bernd Erk
Bernd Erk
CEO

Bernd ist Geschäftsführer der NETWAYS Gruppe und verantwortet die Strategie und das Tagesgeschäft. Bei NETWAYS kümmert er sich eigentlich um alles, was andere nicht machen wollen oder können (meistens eher wollen). Darüber hinaus startete er früher das wöchentliche Lexware-Backup, welches er nun endlich automatisiert hat. So investiert er seine ganze Energie in den Rest der Truppe und versucht für kollektives Glück zu sorgen. In seiner Freizeit macht er mit sinnlosen Ideen seine Frau verrückt und verbündet sich dafür mit seinen beiden Söhnen und seiner Tochter.

1 Kommentar

  1. Jan Vonde

    Ich möchte dem noch etwas praktisches für das eigene Wohlbefinden hinzufügen: Ich war lange Zeit frustriert, weil ich viel gearbeitet und Überstunden gemacht habe, trotzdem war meine ToDo-Liste Abends länger als vorher.
    Deswegen habe ich angefangen neben den ToDo-Listen (Tickets, Mails, Wochenplan etc.) von Zeit zu Zeit, immer wenn ich es brauche, auch eine „Done“-Liste zu schreiben auf der ich erledigte Punkte notiere.
    Als Ergebnis kann ich nun ganz bewusst auf mein Tageswerk schauen. Vor allem aber sind die vielen kleinen Dinge die „kannst Du mal eben schnell“ dazwischen gekommen sind auch notiert.

    Antworten

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